Bio-Sprit: Fahren und Fliegen mit Frittenfett & Co.

Autos, Züge, Busse und selbst Hubschrauber können mit Bio-Sprit aus altem Frittenfett und anderem Speiseöl und -fett betrieben werden. Mittlerweile gibt es mehrere Pilot- und Testprojekte, bei denen diese Fette in recycelter Form als Betriebsstoff und klimafreundliche Alternative verwendet werden.

                                                     Bild von StockSnap auf Pixabay

                                                            

Schon im Jahre 1900 wurde einer der ersten Dieselmotoren von Rudolf Diesel bei der Weltausstellung in Paris mit reinem Erdnussöl betrieben. Rudolf Diesel erhielt hierfür den Grand Prix. Damals war die Gewinnung von Diesel aus Erdöl wesentlich günstiger, wodurch sich der Betrieb mit Pflanzenölen nicht durchsetzen konnte. Heutzutage werden die preislichen Unterschiede immer geringer. Es gibt viele Gründe, warum diese Alternative immer attraktiver wird und vor allem sehr sinnvoll ist.

Bio-Sprit aus gebrauchtem Pflanzenöl hat viele Vorteile

Der Bio-Sprit, der auf Pflanzenölen basiert, wird aus den Abfallprodukten der Lebensmittelindustrie und der Gastronomie hergestellt, die eigentlich fachgerecht entsorgt werden müssten. Bei dem Recyclingprozess werden in 2 Schritten die Kohlenstoffketten der Fette verändert. Der Bio-Diesel ist dann dem Erdöl sehr ähnlich. Er hat im Vergleich zu diesem bzw. zu herkömmlichem Diesel viele Vorteile. In Reinform wird er HVO 100 (Hydrotreated Vegetable Oils) genannt. HVO 100 setzt nur so viel CO2 frei, wie ihn die Pflanze ursprünglich aufgenommen hatte. Das ergibt bis zu 90 Prozent weniger CO2 Emissionen. Der Geruch ist wesentlich angenehmer und erinnert an Bienenwachs. Die Herstellung trägt zur Abfallreduktion bei, da der Abfall der Fette ja wiederverwertet wird. Die Energiebilanz liegt bei 3:1. Das bedeutet, dass er drei Mal so viel Energie liefert, wie zu seiner Herstellung benötigt wird. Herkömmlicher Diesel hat im Vergleich dazu eine Energiebilanz von 1:1. Zudem ist dieser Biodiesel wesentlich schmierfähiger und es entsteht so gut wie kein Ruß. Das hat eine günstige Auswirkung auf den Motor und verlängert dessen Lebensdauer.

                                                  Bild von Thomas Wolter auf Pixabay

                                                         

Immer mehr Test- und Pilotprojekte, selbst für „Hubis“

Der ADAC hat mit 2 seiner sogenannten gelbem Engel der Lüfte, den Hubschraubern „Christoph Rheinland“ und „Christoph Europa 1“, ein weltweit einzigartiges Projekt seit vorletztem Jahr gestartet. Der „Christoph Rheinland“ fliegt seit Dezember 2021 und der „Christoph Europa 1“ seit September 2022 mit einer Mischung aus 2/3 Kerosin und 1/3 recyceltem Speiseöl. Bis Ende 2024 werden in 1000 Flugstunden die Auswirkungen auf die 700 PS starken 2 Gasturbinen untersucht, ausgewertet und dokumentiert. Dies geschieht in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Aachen. 2 Flugstunden eines Hubschraubers mit Kerosin verursachen normalerweise so viel CO2 Ausstoß wie ein Kleinwagen in einem ganzen Jahr. Jährlich werden ca. 55.000 Einsätze geflogen. Dieses Pilotprojekt soll deshalb nur ein Übergang zu noch konsequenteren Schritten sein. Die Hubschrauber sollen irgendwann, bzw. hoffentlich bald, zu 100 Prozent mit Bio-Sprit betankt werden. Dadurch könnte der CO2 Ausstoß um bis zu 90 Prozent reduziert werden. Das wären jährlich 6.000 Tonnen weniger Kohlenstoffdioxid. Gesetzliche Vorgaben bremsen dieses Vorhaben bislang leider aus bzw. verbieten das.
                                                         
 
                                               Foto von Ciprian Boiciuc auf Unsplash

 

 Bio-Sprit im Alltag für Autos, Bus und Bahn

Auch die Deutsche Bahn hat ein Testprojekt gestartet. An 14 Tankstellen können einige Züge des Regional-, Fern- und Güterverkehrs HVO 100 tanken. Sie fahren somit tatsächlich zu 100 Prozent mit umgewandeltem Altspeiseöl, das bisher leider noch aus dem europäischen Ausland importiert wird. Die Bilanzen sind durchweg positiv. Die Reduktion von CO2 liegt auch hier bei bis zu 90 Prozent. Im nächsten Jahr sollen noch mehr Züge folgen und hierauf umstellen. Auch Busunternehmen, die ganze Busflotten umstellen, und selbst Feuerwehren schließen sich mittlerweile diesem Trend begeistert an.
Für das eigene Auto ist dies in Deutschland noch mit Hürden verbunden. In einigen europäischen Ländern sieht das ganz anders aus. Schon vor ca. 15 Jahren gab es in Großbritannien Kurse für Privatpersonen, die dort lernen konnten, Biodiesel aus gebrauchten Fetten für das eigene Auto herzustellen. Diese Kurse erfreuten sich großer Beliebtheit. Hierzulande hinkt man im Vergleich eher hinterher. Es gibt nur sehr wenige Tankstellen, wo man HVO 100 tanken kann. Das liegt daran, dass nur der 25-prozentige Bio-Sprit bislang ohne weitere Auflagen für jeden zugänglich ist. Der 90- und 100-prozentige Bio-Kraftstoff verstößt gegen die deutsche Dieselkraftstoffnorm und muss mit bürokratischem Aufwand beantragt werden, wenn man ihn hierzulande tanken möchte. In Schweden gibt es beispielsweise schon seit einigen Jahren Tankstellen, wo dies direkt und problemlos möglich ist. Inzwischen sind es sogar 340 an der Zahl. In den Niederlanden bekommt man HVO 100 an fast jeder größeren Tankstelle. Ähnlich sieht es in Skandinavien, Italien und Belgien aus. Im April 2024 soll dies nun endlich auch in Deutschland möglich sein. Ein wenig spät. Aber besser spät als nie…

                                                Bild von Engin Akyurt auf Pixabay


Kommentare

  1. Es ist immer wieder erstaunlich, wie viel ich doch von dem lese, was Frau Mostafa schreibt, obwohl ich gar nicht zum lesen in Stimmung war. Vieles davon ist auf eine Art geschrieben, die einem einfach im Gedächtnis bleibt und man schnell im Thema ist. Bravo!

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    1. Vielen herzlichen Dank! Das freut mich sehr!

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