Meeresschildkröten: Tiere aus Urzeiten

Meeresschildkröten zählen erdgeschichtlich zu den ältesten Reptilien. Als einzige Fressfeinde haben sie große Haie und Schwertwale, da ihr Panzer sie vor allen anderen Tieren schützt. Sie sind Einzelgänger und haben nur zu Paarungszwecken einen Partner*in. Diese Urzeittiere können Tausende von Kilometern im Wasser zurücklegen, denn sie sind hervorragende Navigatoren. Notwendige Schutzprogramme dieser bedrohten Art, leisten eine wunderbare Arbeit.

Foto von James Lee auf Unsplash

Vor etwa 250 Millionen Jahren haben sich die Meeresschildkröten aus den Land- und Süßwasserschildkröten entwickelt und sich dem Leben im Meer perfekt angepasst. Seitdem leben sie fast unverändert in Form und Aussehen in den Weltmeeren, haben Eiszeiten, die Dinosaurier, die Verschiebung der Kontinente und Naturkatastrophen überlebt. In allen Kulturen ranken sich um diese uralten Reptilien Mythen von Weisheit, Ruhe, Ehrwürdigkeit und dass sie die Basis des Kosmos seien. Noch gibt es sieben verschiedene Arten. Man findet sie in allen Ozeanen, außer in der Arktis und Antarktis, sowohl in Küstennähe als auch in der Hochsee.


Meeresschildkröten können länger unter Wasser bleiben als Wale und Seehunde

Die Atlantik-Bastardschildkröte, die in der Karibik lebt, ist mit bis zu 75 cm die kleinste ihrer Art und wiegt 35 bis 45 Kilogramm. Die Lederschildkröte ist mit 1,5 bis 2,5 Metern die größte Meeresschildkröte und wiegt zwischen 250 und 900 Kilogramm. Die bekannte und beliebte Grüne Meeresschildkröte wird etwa 80 bis 120 cm groß und 65 bis 205 Kilogramm schwer. Weitere Arten sind: Oliv-Bastardschildkröte, Unechte Karettschildkröte, Wallriffschildkröte und Echte Karettschildkröte. Sie können über 100 Jahre alt werden. Die Weibchen werden je nach Art zwischen ihrem 6. und 30. Lebensjahr fortpflanzungsfähig. 

Da ihre Vorder- und Hinterbeine flossenartige Paddel und ihre Körper abgeflacht und stromlinienförmig sind, können sie ausgezeichnet schwimmen, ganze Ozeane durchqueren und Tausende Kilometer mit einer Geschwindigkeit von bis zu 25 Kilometern in der Stunde zurücklegen. Es sieht geradezu so aus, als ob sie fliegen würden. Ebenso sind diese Reptilien ausgezeichnete Taucher und erreichen durchschnittlich eine Tiefe von 20 bis 100 Metern. Die Lederschildkröte taucht sogar bis zu 1.200 Meter tief. Um das Salz, das sie über das Meerwasser aufnehmen, wieder ausscheiden zu können, da es ansonsten ihre Nieren überlasten würde, besitzen sie spezielle Drüsen in den Augen. Über Tränen sondern sie deshalb eine konzentrierte Salzlösung ab.

                                                                Foto von Leo auf Unsplash

Indem diese Tiere aus Urzeiten beim Schlafen ihren Puls extrem senken können, bleiben sie mitunter vier bis sieben Stunden unter Wasser, das ist länger als es Wale und Seehunde können. Bei der Grünen Meeresschildkröte beispielsweise schlägt das Herz dann nur noch alle neun Minuten. Im wachen Zustand tauchen alle Arten alle 5 bis 40 Minuten auf, um zu atmen. Die Grüne Meeresschildkröte ernährt sich im Erwachsenenalter als Einzige fast ausschließlich vegetarisch. Die anderen sind Allesfresser. Die Spezialität der Lederschildkröte ist hier hauptsächlich Quallen. Sie alle haben einen starken Kiefer und einen scharfen Schnabel.


Die Weibchen legen über 100 Eier ab

                                                             Foto von Joe Cook auf Unsplash                                               

Meeresschildkröten leben permanent im Wasser. Sie sind in der Regel nicht standorttreu und legen im Wasser oft lange Strecken während ihrer Wanderungen zurück. Dafür nutzen sie offenbar, ähnlich wie Vögel, das Magnetfeld der Erde und wahrscheinlich auch die Sonne. Ganz genau weiß man noch nicht, was alles zu ihren genialen Navigationsfähigkeiten und ihrem phänomenalen Orientierungsvermögen beiträgt. Das bleibt vorerst ihr Geheimnis. 

Die Männchen gehen nie an Land und die Weibchen nur zur Eiablage. Die Weibchen kehren dann ganz genau an den Ort bzw. den Strand zurück, an dem sie selbst aus dem Ei geschlüpft sind, selbst wenn dieser sehr weit - manchmal Tausende von Kilometern - entfernt ist. Nach ihrer langen Reise gehen sie abends, wenn es dunkel geworden ist, an den Strand. Sie graben mit den hinteren Flossen, weit von der der Hochwasserlinie entfernt, eine kreisrunde, bis zu 70 cm tiefe Legehöhle aus, in die sie je nach Art 50 bis 200 tischtennisballgroße, weiche Eier ablegen. Danach buddeln die Weibchen diese wieder zu, um sich nach stundenlanger Schwerstarbeit, meist erst im Morgengrauen, direkt wieder ins Meer zu begeben. Dies wiederholen sie nach mehreren Tagen oder Wochen zwei bis vier Mal und legen so in einer Brutsaison bis zu 600 Eier ab.


Von 1.000 überlebt nur ein Junges

                                                               Bild von 271277 auf Pixabay     
                                                        
45 bis 70 Tage liegen die Eier nun in ihrer wohltemperierten Höhle. Die Wärme der Sonne brütet die Kleinen aus. Die Temperatur in der Legehöhle entscheidet, ob ein weibliches oder männliches Schildkrötenbaby schlüpft. Ca. 28 Grad Celsius brauchen die Jungen und ungefähr 32 Grad die Mädchen. Nachdem die etwa vier bis sechs cm kleinen und ca. 20 Gramm leichten Babys geschlüpft sind und sich innerhalb von zwei bis vier Tagen ausgebuddelt haben, begeben sie sich auf dem schnellsten Weg ins Meer. Das alles geschieht ebenfalls in der Regel nachts. Für die richtige Richtung orientieren sie sich daran, wo es am hellsten ist. Durch die Reflexion des Mondes oder der Sterne im Wasser ist das Meer normalerweise für die Kleinen gut zu finden, das oft 10 bis 20 Meter entfernt ist. Hell beleuchtete Hotels, Straßenbeleuchtung oder Ähnliches können dazu führen, dass sie sich verirren. Sie rennen nun um ihr Leben, denn sie haben viele Fressfeinde wie Krabben, Möwen und andere Raubtiere. Selbst im Wasser geht der Überlebenskampf durch Raubfische weiter. Von 1000 überlebt gerade mal ein Junges, das es bis zum Erwachsenenalter schafft.


Urzeittiere in Gefahr

                                               Foto von Abner abiu Castillo diaz auf Unsplash

Vor ca. 200 Jahren gab es noch Millionen dieser Urzeittiere in den Meeren, nun stehen alle sieben Arten der Meeresschildkröten als stark gefährdet oder vom Aussterben bedroht auf der Roten Liste gefährdeter Arten der Weltnaturschutzliste (IUCN). Hunderttausende dieser wunderbaren Tiere sterben jedes Jahr als Beifang der Fischerei. Beim Fressen verwechseln sie manches Mal Plastik mit ihrem natürlichen Futter und sterben dadurch einen qualvollen Tod. Schildkrötensuppe gilt als Delikatesse und ihre Eier sind angeblich ein Potenzmittel, was natürlich ein Ammenmärchen ist. Der Schildpatt ihrer Panzer wird für Luxusartikel wie Schmuck, Souvenirs oder Brillen missbraucht. Geeignete Nistplätze sind durch Tourismus immer schwieriger zu finden. Ein gravierendes Problem ist ebenfalls die Verschmutzung der Meere, die diese Reptilien verenden lässt. Der durch den Menschen verursachte Lärm lässt sie aus ihrem natürlichen Lebensraum fliehen. Wie oben erwähnt, verirren sich die gerade geschlüpften Babyschildkröten durch künstliche Lichtquellen. Durch die Klimaerwärmung kommt nun auch noch erschwerend hinzu, dass zu viele Mädchen und immer weniger Jungen schlüpfen. Es gibt Strände, an denen mittlerweile zu 99 Prozent nur noch weiblicher Nachwuchs zur Welt kommen.


Unersetzlich für das Ökosystem der Meere

                                                              Foto von Olga ga auf Unsplash 

So wie jede Art unersetzlich ist, so ist es auch die Meeresschildkröte. Sie hält die Ökosysteme der Meere gesund und auch auf die Strände hat sie eine wichtige und positive Auswirkung. Die nach dem Schlüpfen liegengelassenen Eierschalen der Schildkrötenbabys düngen den Strand. Unter Wasser werden Seegraswiesen von der Grünen Meeresschildkröte durch Abgrasen kurz und somit gesund gehalten. Man nennt sie auch Gärtner*in der Meere. Schwämme stehen hauptsächlich auf dem Speiseplan von der Echten Karettschildkröte und gelegentlich auch der Grünen Meeresschildkröte, was wiederum wichtig für das Überleben von Korallenriffen ist. Die Anzahl der Quallen und anderen Beutetieren wie Krebse, Muscheln, Schnecken, Fischen etc. wird im Gleichgewicht gehalten. 


Schutzprogramme 

                                                               Foto von Wexor Tmg auf Unsplash            

Weltweit gibt es immer mehr Vereine und Organisationen, deren Schutzprogramme eine wichtige Arbeit zum Erhalt der Meeresschildkröten leisten. Sie werden von Freiwilligen unterstützt. Niststrände werden tagsüber und nachts bewacht, die Jungtiere gezählt und beim Erreichen des Meeres wird notfalls geholfen. Die abgelegten Eier werden bei manchen Organisationen eingesammelt und in Brutstationen gebracht, um die Kleinen dann später auszuwildern. Es gibt weltweit auch Stationen, wo verletzte oder kranke Tiere behandelt werden. Nach der Genesung kommen sie dann oft noch in ein Reha-Zentrum, um vor dem Aussetzen ins Meer erst wieder genügend Kräfte sammeln zu können. Es gibt auch attraktive Touristikangebote, die mit dem jeweiligen Schutzprogramm und Freiwilligenarbeit verbunden werden. Seit 40 Jahren gibt es ARCHELON The Sea Turtle Protection Society Of Greece. An sieben Niststränden in Griechenland führt dieser gemeinnützige Verein erfolgreich Schutzprojekte durch. Zudem verbinden sie wissenschaftliche Arbeit mit Freiwilligenhilfe und Aufklärungsarbeit in der Gesellschaft. Ihr Motto seit 1983 ist: Wir können alle gemeinsam leben.



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